Waldgenossenschaft
Die Geschichte der Waldgenossenschaft Bruchhausen
Vorwort
Im Jahre 1838 begann mit der Gründung des Interessentenwaldes Bruchhausen im Bereich des Hochstiftes Paderborn und vor allem im Nethegau ein neuer Abschnitt forst-politischen Handelns. Privatwald wurde zu Privatwald. Ein Paradoxon? Keinesfalls. War es vordem ein einzelner Großprivatwaldbesitzer, der einer regional begrenzten Allgemeinheit Holznutzungsrechte zugestehen mußte, so übernahm jetzt die bislang nutznießende Gemeinschaft anstelle der alten Rechte echten Waldbesitz, und zwar in völlig eigener Gesamtverantwortung.
Der Rückblick nach 170 Jahren imponiert. Denn er zeigt, wie Waldbesitzer mit ideellen Waldanteilen gelernt haben, sich mit diesem Besitz zu identifizieren,
mit welcher Kontinuität sich eine ordnungsgemäße Forstwirtschaft entwickelt hat, die alle Waldfunktionen erfüllen kann und was für ein großes Interesse seitens der Besitzer und Bewirtschafter daran besteht, dieses Gesamtheidsvermögen qualitativ hochwertig zu pflegen und flächenmäßig zu mehren. Dabei spielt es sicherlich eine große Rolle, daß im Laufe von 170 Jahren zweimal entscheidend per Gesetz auf die Bewirtschaftung von Gemeinschaftswald eingewirkt wurde.
Zwischen diesen beiden Regulativen lagen knapp 100 Jahre. Ein sicherer Beweis, daß der Umgang mit dem Wald ein Denken in langen Zeiträumen fordert, aber auch ein ebenso klares Zeichen, daß sich ein Wandel innerhalb der Waldbewirtschaftung vollzogen hat und weiterhin vollziehen wird. Vom reinen Rohstofflieferanten hat er sich im Laufe der Jahrzehnte zum elementaren Glied der Kulturlandschaft entwickelt, das inzwischen vielen Belastungen und Begehren standhalten muß. Sehen wir es deshalb als gemeinsamen Auftrag, die Stabilität des Genossenschaftswaldes Bruchhausen für die Zukunft zu sichern.
Die Waldgenossenschaft Bruchhausen 1838 bis 1988
1. Entstehung
Der Interessentenwald Bruchhausen gehörte bis zum Jahre 1838 zum Gut Bruchhausen, das seit dem 15. Jahrhundert im Eigentum der Familie des Freiherrn von Kanne stand. Die Familie von Kanne war verpflichtet, den „Feuerstelleninhabern“ des Dorfes Bruchhausen die Entnahme von Brennholz und den Vieheintrieb in den Wald zu gestatten.
So bezogen die Bruchhausener jährlich unentgeltlich 607 vierspännige Fuder Derbbrennholz, 24 Kubikfuß Eichen- und 14,7 Kubikfuß Buchennutzholz. Darüber hinaus durften sie Raff- und Leseholz sammeln und bei Eintritt einer Mast ihre Schweine in die Gutsforsten treiben.
Als 1811 durch das Landeskulturedikt eine gesetzliche Grundlage geschaffen wurde, die Berechtigungen abzulösen, strebten die Gutsherren die Befreiung ihres Waldes von den Rechten der Feuerstelleninhaber an. Im Gegenzug mußte ein Teil des herrschaftlichen Waldes, der jetzige Interessentenwald, den Bruchhausenern als gemeinschaftliches Eigentum zur Verfügung gestellt werden.
Die Einzelheiten um die Ablösungen wurden von einer Königlichen Generalkommission in dem Rezeß zwischen der Gutsherrschaft und den Berechtigten aus dem Jahr 1838 niedergelegt.
Seither besteht die damalige “Interessentenschaft“, heute Waldgenossenschaft Bruchhausen, deren Bestehen sich 1988 zum 150. Mal jährte.
2. Die Holzberechtigungen
In sog. “Losverzeichnissen“ wurden die jährlichen Holzberechtigungen der Interessenten am gemeinschaftlichen Wald aufgeführt. Die Verzeichnisse fanden Eingang in das Grundbuch.
Im einzelnen wurden als Berechtigungen folgende Mengeneinheiten an die Interessenten verlost:
228 Scheithaufen (1 Scheithaufen = 2 rm)
68 Stangenhaufen (1 Stangenhaufen = 4 rm)
76 Asthaufen (siehe Stangenhaufen)
88 Reiserhaufen (siehe Stangenhaufen)
4 Stück Nutzholz (0,58 fm Eichen- und 0,98 fm Buchennutzholz).
Die Mengen des jährlich zu entnehmenden Holzes richteten sich strikt nach dem Brennholzbedarf. Es gab keinerlei Orientierung an waldbaulichen Notwendigkeiten. So bestanden die Interessentenflächen im wesentlichen aus Stockausschlagwäldern. Die Problematik des unbefriedigenden Waldzustandes nahezu aller Gemeinschaftswälder führte im Jahre 1881 zur Verabschiedung des Gesetzes über gemeinschaftliche Holzungen.
3. Die Entwicklung seit 1881
Vorrangiges Ziel des neuen Gesetzes war es, den Waldzustand gemeinschaftlicher Holzungen zu verbessern.
Zu diesem Zweck wurden die Wälder der Staatsaufsicht und der Interessentenwald Bruchhausen konkret dem Gemeindeforstamt des Kreises Höxter unterstellt. Die Bewirtschaftung sollte fortan nach waldbaulichen Gesichtspunkten erfolgen. Dabei wurde ein relativ geringer Hiebsatz festgelegt, der ausreichte, die Berechtigungen, die Kultur- und Verwaltungskosten (Anweisegelder für das Forstpersonal) zu decken. Da die Holzernte, die bisher immer durch die Berechtigten selbst bewerkstelligt wurde, nun durch Waldarbeiter ausgeführt wurde, mußten ebenso Hauerlöhne aufgebracht werden. Die Vorrangigkeit waldbaulicher Gesichtspunkte bei der Festlegung der Einschlagshöhe wird deutlich in der Tatsache, daß bei den Interessenten eine Umlage erhoben wurde, sobald der Ertrag aus der Nutzung den Aufwand nicht decken konnte; die Höhe des Holzeinschlages aber blieb unverändert. Im übrigen entsprach es den damaligen waldbaulichen Vorstellungen, die Buchenbestände möglichst dunkel zu halten. Allmählich stellt sich jedoch heraus, daß diese Bewirtschaftung zu erheblicher Überalterung und Übervorräten führte, was sich in einer entsprechenden Anpassung der Hiebsätze niederschlug:
Jahr Hiebsatz je ha und Jahr in fm. ohne Rinde
1885 2,1• Hiebsatzreduktion
1905 3,3
1924 2,9 • Buchen-Dunkelwirtschaft
1951 5,2 • Abkehr von der Dunkelwirtschaft
1962 7,8 • Abbau von Übervorräten
1976 8,5 • Verfügbarkeit stärkerer Dimensionen
1986 7,5 • Übervorräte abgebaut
Darüber hinaus stellte sich mit zunehmendem Bestandesalter ein erhöhter Anfall an Nutzholz ein. Als Folge kam so viel Geld in die Kasse, daß über die Deckung der laufenden Kosten hinaus in den Wegebau investiert werden konnte und dennoch Überschüsse übrig blieben. Mußten also vorher Umlagen zur Deckung des Finanzbedarfs erhoben werden, so konnten nun Ausschüttungen an die Interessenten gezahlt werden, deren Höhe sich nach dem Umfang ihrer Bezugsrechte richtete.
Seit etwa 1960 verzichteten einige und im Laufe der Zeit immer mehr Interessenten auf die Lieferung des Berechtigungsholzes mit der Bitte, ihnen den Wert des Holzes in bar auszuzahlen. Den Hausbrand mit Holz ersetzten sie durch fossile Energieträger (Kohle, 01, Erdgas) und Elektrizität. Das kam den Belangen der Forstinteressentenschaften sehr entgegen, denn durch die seit Jahrzehnten betriebene gute Waldbewirtschaftung fiel mehr Nutzholz an. Der Brennholzanteil wurde so gering, daß teilweise schwaches Stammholz in Brennholz eingeschnitten werden mußte, um das Berechtigungsholz liefern zu können.
Infolge strikter Beachtung waldbaulicher Gesichtspunkte bei der Bewirtschaftung des Interessentenwaldes hat sich der Waldzustand derart verbessert, daß heute keine Unterschiede mehr zwischen Gemeinschaftswäldern und Wäldern anderer Besitzarten bestehen.
Wie bereits erwähnt, wurde der Interessentenwald Bruchhausen nach Inkrafttreten des Gesetzes über gemeinschaftliche Holzungen aus dem Jahre 1881 dem Gemeindeforstamt des Kreises Höxter unterstellt. Als 1967 im sogenannten ‘Bruchhäuser Prozeß“ das Oberverwaltungsgericht in Münster durch Urteil feststellte, daß auf Grund des 1961 ergangenen Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit die Mitgliedschaft der Forstinteressentenschaften im Forstamtsverband des Kreises Höxter nicht mehr möglich sei, entfiel folglich die Zuständigkeit des Gemeindeforstamtes.
Als Konsequenz übernahm der damalige Leiter des Forstamtes, Forstdirektor Rudorf, mit Zustimmung des Forstamtsverbandes die Bewirtschaftung der Interessentenwälder im Nebenamt und behielt die Bewirtschaftung über seinen Pensionierungstermin im Jahre 1972 bis ins Jahr 1987 bei.
4. Das Gemeinschaftswaldgesetz des Jahres 1975
Da im Zuge der Neuordnung der Verhältnisse der Waldungen aller Besitzarten in Nordrhein-Westfalen die Einbeziehung der Gemeinschaftswälder in das Landesforstgesetz nicht möglich war, wurde am 8.4.1975 ein gesondertes Gesetz, das Gemeinschaftswaldgesetz, erlassen. Es brachte einige wesentliche Vorteile für die Interessentenschaften, die seither “Waldgenossenschaften“ heißen, mit sich.
Zunächst wurden die Anteile der Waldgenossen am Gemeinschaftsvermögen zahlenmäßig ausgedrückt und in ein Lagerbuch eingetragen. Aufgrund dieses Lagerbuches wurde ein Gemeinschaftsgrundbuch für die Genossenschaft und für jeden Anteilseigner ein Anteilsgrundbuch aufgestellt. Das führte zu einer eindeutigen Klärung der Besitzverhältnisse auf der Basis der ehemaligen “Holzberechtigungen“, die im alten Grundbuch überliefert waren.
In einem Haushaltsplan wird nunmehr jährlich festgelegt, wieviel Geld aus dem voraussichtlichen Überschuß je Anteil an die Anteilseigner ausgezahlt werden soll.
Zur Rechtssicherheit ist ferner wesentlich, daß jede Genossenschaft eine Satzung haben muß. Damit sind alle rechtlichen Verhältnisse geklärt und ein geregelter Ablauf der Tätigkeiten der Organe der Genossenschaft, der Genossenschaftsversammlung und des Vorstandes, ist gewährleistet.
Waldgenossenschaften sind als öffentlich-rechtliche Körperschaften juristische Personen; sie können als solche Rechtsgeschäfte abschließen und sind dadurch handlungsfähiger.
Zur Betriebsleitung und Beförsterung sind nach wie vor Fachkräfte anzustellen. Das Gemeinschaftswaldgesetz gab den Genossenschaften jedoch die Möglichkeit, mit der zuständigen unteren Forstbehörde Beförsterungs- und Betriebsleitungsverträge abzuschließen.
Die Waldgenossenschaft Bruchhausen vollzog diese Schritte im Jahre 1987. Anstelle des eigenen Forstpersonals übernahm El z. A. Rottmann die Beförsterung, was zu einer erheblichen Kostenersparnis der Genossenschaft führte und das Staatliche Forstamt Bad Driburg löste per Betriebsleitungsvertrag Forstdirektor a. D. Rudorf ab. Die geringen Kostensätze durch die staatlichen Dienstleistungen, die qualifizierte Betriebsleitung und der sachgerechte Betriebsvollzug vor Ort, aber auch die umfangreichen Förderungsgelder für die Genossenschaften haben die Waldgenossenschaft Bruchhausen zu einem modernen Forstbetrieb werden lassen, dessen Waldungen der Qualität der Wälder anderer Besitzarten in keinem Punkte nachstehen.
Der Wald der Waldgenossenschaft Bruchhausen kurz vorgestellt
Morphologie
Der südöstlich bis nordwestlich verlaufende Höhenrücken, auf dem der Genossenschaftswald liegt, weist einige Quertäler auf; die Hänge sind mäßig bis steil geneigt und meist mit Buche bestockt. Plateaus finden sich nur im mittleren Teil des Waldes. Die vorherrschende Hangrichtung ist Nord bis Nordwest.
Geologie
Der Bruchhausener Genossenschaftswald weist Muschelkalkböden der Trias auf; es handelt sich dabei hauptsächlich um den oberen und unteren Wellenkalk.
In Tälern, Mulden und auch an den Hängen finden sich Lößablagerungen aus dem Diluvium von teils beträchtlicher Mächtigkeit.
Klima
Jahresdurchschnittstemperatur °C 8 bis 8,5
Durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge 780 mm
Höhenlage 130 bis 240 m über NN
Baumartenverteilung
Baumart Fläche in ha %
Buche 171,7 72,3
Eiche 5,6 2,4
Esche 4,3 1,8
Hainbuche 1,0 0,4
Ahorn 0,3 0,1
Summe Laubholz 182,9 77,0
Fichte 34,4 14,5
Europ. Lärche 18,2 7,7
Douglasie 0,1 0,0
Schwarzkiefer 1,9 0,8
Summe Nadelholz 54,6 23,0
Wirtschaftswaldfläche 237,50 Ha
Nichtwirtschafts- Wald 1,60 Ha
Forstliche Nebenfläche 5,60 Ha
Steinbruch 1,40 Ha
Neuerwerb ab 1979 9,79 Ha
Gesamtfläche 255,89 Ha
Informationen u. A. aus der Festschrift 150 Jahre Waldgenossenschaft
Burkhard Schmitz
Die Vorstände der Waldgenossenschaft nach 1945
Vorstände der Waldgenossenschaft Bruchhausen nach 1945
Vorstand bis 1966
Vorsitzender: Heinrich Kleibrink
- Registrierter Ewald Kronenberg
- Registrierter Karl Heinz Wendt (bereits 1962 als Registrierter gewählt)
Vorstand 1966 – 1974
Vorsitzender: Ewald Kronenberg
- Registrierter Karl Heinz Wend
- Registrierter Fritz Siebrecht
Vorstand 1974 – 2004
Vorsitzender: Karl Heinz Wendt
- Beisitzer: Wilhelm Spalting
- Besitzer Fritz Siebrecht
Stellvertreter in dieser Zeit: Friedrich Kronenberg, Wolfgang Kronenberg, Hildegard Hauptmüller
Karl Heinz Wendt scheidet nach 42 Jahren Vorstandstätigkeit aus dem Vorstand aus!
Vorstand ab 2004
Vorsitzender: Wolfgang Kronenberg
- Beisitzer: Burkhard Schmitz
- Beisitzer: Ulrich Hesse
Stellvertreter: Eckhard Sievering, Hildegard Hauptmüller
Rendanten:
Bis 1983 Georg Widlok
1984 – 2004 Walter Diederichs
ab 2004 Heinz Lauber
Das Forstamt Bad Driburg-Neuenherse betreut die Waldgenossenschaft seit 1974.
Eckhard Rottmann Forstamt Bad Driburg mit Heinz Wendt, bis 2004 Vorsitzender.